Wer ist das kranke Schwein?

Dieser Artikel erschien zuerst beim Freitag

Edathy Einmal wieder ist die Öffentlichkeit zum Lynchmob geworden. Das lässt oft eher Rückschlüsse auf die Hetzer zu als auf ihr Opfer. Hat das Folgen für die Demokratie?

Mehr als unnötig - Foto: stevepb/Pixabay
Mehr als unnötig – Foto: stevepb/Pixabay

Gut, dass sich jetzt alle wieder empören und auskotzen können! Weil das „kranke Schwein“ jetzt auch noch ungestraft davon gekommen ist. Auf Facebook wird tausendfach zu Lynchjustiz aufgerufen. Das ist leider wohl wenig überraschend, schockierend ist es dennoch. Dass hier bereits eine Karriere völlig zerstört ist, scheint dort niemanden zu interessieren. Davon, dass hier auch ein unbequemer Politiker gezielt „erledigt“ worden sein könnte, sprechen wenigstens noch einige. Von „Sozialprognose und Resozialisierung“ allerdings kaum. Dabei müsste das doch das oberste Interesse einer Gesellschaft auch für ihre straffällig Gewordenen sein, umso mehr noch für eventuell doch „Unschuldige“ und vor allem für „Kranke“. „Wer ist das kranke Schwein?“ weiterlesen

Institutionen des Wohlstands

Über die Bedeutung politischer Institutionen und eine Bestandsaufnahme der deutschen Demokratie – ein Aufruf zu mehr politischer Mitwirkung.
von Lino Zeddies

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Occupy Berlin, Foto: Flickr/Corner of a Life

„Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.“
– Winston Churchill

Was führt einige Nationen zu Größe und Wohlstand, während andere in Armut und Elend gefangen zu sein scheinen?

Diese bedeutende Frage war Teil meiner Motivation, ein Studium der Volkswirtschaftslehre aufzunehmen und im Verlauf des Gleichen habe ich sie mir oft gestellt. Die häufigsten Antworten, die mir in meinen Vorlesungen begegnet sind, bezogen sich auf die Höhe der Spar- und Investitionsquote und damit einhergehend des Kapitalstocks, auf Unterschiede in der Verfügbarkeit von Ressourcen oder auf die zur Verfügung stehende Technologie. Aber diese Antworten der Ökonomen und auch die Ansätze anderer Denker etwa mit dem Verweis auf Geographie, Kultur oder Religion haben mich nie wirklich befriedigt, da Sie mir nicht auf den Kern der Frage vorzudringen scheinen. Vor Kurzem jedoch stieß ich auf ein neues Erklärungsmodell so simpel wie überzeugend: Der entscheidende Faktor seien Institutionen.

Diese These vertreten Daron Acemoğlu und James Robinson in ihrem brillanten Werk „Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut“. Die beiden Autoren unterscheiden dabei zwischen inklusiven Institutionen (der Allgemeinheit dienend; demokratisch) einerseits und extraktiven Institutionen (ausbeuterisch; zugunsten einer kleinen Elite) andererseits und belegen ihre These mit zahlreichen historischen Beispielen. Demzufolge ist weniger das Talent eines Staatsoberhauptes entscheidend für das Wohlergehen einer Nation, sondern vielmehr, ob beziehungsweise inwieweit das Interesse der herrschenden Eliten überhaupt mit dem Interesse der Allgemeinheit zusammenfällt. Das Problem mit Staatschefs von Entwicklungs- und Schwellenländern ist daher gar nicht unbedingt ein Mangel an politischer und ökonomischer Kompetenz, sondern vielmehr, dass deren Interessen oft gar nicht darauf abzielen, den allgemeinen Wohlstand zu steigern als vielmehr die Stellung der eigenen Gruppe zu sichern und zu stärken. „Institutionen des Wohlstands“ weiterlesen